Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Ton am Dom von Halberstadt                                                                                                    04.07.2015 Vor einem Jahre fielen mir die überdimensionalen Werbebanner in Halberstadt zum ersten Mal auf. Damals dachte ich, das würde ich auch gern einmal miterleben. Doch ich hatte gerade Wohnungen zu besichtigen und schon ziemlich die Nase voll davon. Mir hätte TON AM DOM wahrscheinlich nicht mal wirklich Freude bereitet. Außerdem war es damals genau so drückend schwül und heiß, wie in diesen Tagen. Als die Wohnung endlich gefunden war, hatte ich die Banner längst wieder vergessen. Doch nun, ein Jahr später, hängen sie wieder überall in der Stadt und werben für TON AM DOM. Inzwischen wohne ich hier und bis zum Domplatz, wo das „Fest der Sinne“ stattfindet, laufe ich nur eine reichliche Viertelstunde. Ich werde kunstvoll bearbeiteten TON sehen, vielleicht auch berühren, werde die Kunst der Handwerker bestaunen und ich werde hören – TON um TON – und das alles im Schatten des alten DOM, falls die Sonne günstig steht und Schatten wirft: „Es ist unheimlich heiß“, der Domplatz ist voll mit Keramik und Töpfen, heute ist Ton am Dom.” Diese Melodie der Rockband City schwirrt mir durch den Kopf, als ich den Domplatz erreiche und dort die vielen Stände sehe. Ein buntes scheinbares Durcheinander von Farben und Formen prasselt bei den ersten Schritten auf mich ein. Alles grell und hell und „es ist unheimlich heiß“ hier. Aus dem einen Winkel leuchtet es knallrot, zwei Schritte weiter wirken die Keramikgefäße Ton in Ton und wenn ich meinen Blick nach hinten richte, blicke ich in ein sattes Blau. Also lasse ich all die grellen Farben im Sonnenlicht auf mich wirken, trete noch einen Schritt näher und entdecke Formen und Ausdruck. Mag sein, dass das alles hier aus Ton geformt wurde, was ich aber sehe ist Kunst. Jedes Stück ein Unikat und jedes hat ein Eigenleben, vielleicht sogar eine eigene Geschichte. Das Auge kann sich gar nicht genug von allem bekommen. An dem einen Stand entdecke ich kunstvoll ausgearbeitete Schalen und Becher, einen Schritt weiter glotzen mich frechschlanke Weiberfiguren an. Stolz und lang aufgeschossen strecken sie sich vor mir in der Sonne. Hätte ich noch eine Terrasse, einen Garten und das nötige Kleingeld, ich würde mir die eine glattweg unter den Arm klemmen. Die Vielfalt ist berauschend. Von einem Regal sehen mich Gesichter, als Kräutertöpfe gearbeitet, an. Sie grinsen, wie ein Smily und der daneben ist wahrscheinlich ein Knutschi. Zum Knutschen schön! Nur wenige Schritte weiter entdecke ich Häschen, Mäuschen und Eule in Keramik geformt und keck bemalt. Auch die vielen lustigen Zaungäste, Hündchen, Mietze, Schneemann und Glöckchen, wollen bestaunt und bewundert werden. Dann wiederum reizen mich die dicken roten und gelben Hennen, die vor einem Stand sitzen und zu brüten scheinen. Gleich daneben stecken die Köpfe von Kätzchen und Fisch auf Stöcken und die wiederum in einer dicken Vase. An all dem kann ich mich einfach nicht satt sehen. „Es ist unheimlich heiß“ und die Schweißperlen tropfen nicht nur mir ins Gesicht. Schatten findet man bestenfalls unter einer der Planen, aber dort staut sich die Luft wie in einer Backstube. Nur am Rande, wo die Bäumen Schatten spenden, ist es ein wenig kühler. Dort hat jemand ein historisches Laufrad am Baum abgestellt und ein kleiner Mops liegt matt neben einem Becher Wasser und hechelt. Meine Füße wünschen sich nun ebenfalls Abkühlung, bekommen dennoch Order, den Körper über ihnen noch eine  weitere Runde über den Domplatz zu tragen.                                                                    Die Fotos bitte durch Anklicken vergrößern. Noch niemals in meinem Leben habe ich so viel Kunstkeramik, Tongefäße, Figuren und fantasievolles Zubehör und Schmuckwerk, alles aus Ton gearbeitet, auf so engen Raum gesehen. Es sollen ungefähr ein halbes Hundert Stände von Kunsthandwerkern sein, die vor dem Dom die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentieren. Und jeder Stand wiederum zeigt hunderte Objekte, vom kleinsten Amulett bis zu großen und wuchtigen Arbeiten. Die Palette dessen, was man bewundern und natürlich auch kaufen kann, ist gewaltig. Versteckt in all der Vielfalt auf Tischen, auf dem Boden, an Gestellen und in Regalen finde auch ich reizvolles, das mich locken und verführen möchte. Vorsorglich habe ich mein Geld zu Hause gelassen, um den Verlockungen leicht widerstehen zu können. „Es ist unheimlich heiß“, aber es sind viele auf den Beinen beim TON AM DOM und das, obwohl noch so mancher an seinem Stand bastelt und seine Keramik geschickt und attraktiv zu positionieren sucht. Am Rande haben sich es sich vier Musiker unter einem Zeltdach eingerichtet. Bald klingen Musikstücke über den Platz, irgendwo zwischen französischer Musette, Tango und Melodien von Django Reinhardt, ein wenig Jazz und eine Brise Folk. Diese Musik passt bestens zum Treiben des Marktes. Sie beflügelt oder verleitet zum kurzen Verweilen vor den vier Musikern von KRAMBULI. Gitarre, Akkordeon, Geige und Bass sind die richtigen Zutaten für den TON, der seinen letzten Glutglanz in der Sonneglut erhält. Doch auch ich bekomme von der brütenden Schwüle meinen Teil ab. Die offizielle Eröffnung scheint sich zu verschieben. Vielleicht haben der alte Gleim oder der junge Bürgermeister ähnliche Probleme. Meine Füße und mein Kopfstreiken seit Minuten und da ich nachmittags noch einmal hier sein möchte, suche ich zunächst die kühlende Dusche zu Hause auf, verpasse dafür leider das Spektakel. Nachmittags ist es noch immer schwül und „unheimlich heiß“. Wer diese Hitze nicht mehr aushalten möchte, kann im Dom Abkühlung und Ruhe finden, denn in den kühlen Gemäuern des Gotteshauses finden tagsüber sehr attraktive kleine Konzerte statt. Auch ich nutze eine Gelegenheit, den ruhigen Klängen von Orgel und Violoncello im Dom zu lauschen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so eine außergewöhnliche Instrumentenkombination erlebt zu haben und das, obwohl ich Orgelmusik liebe und einige Klassiker des Genres auch in meinem Regal einen Platz haben. Nach der Gluthitze auf dem Domplatzes ist die Kühle hier drinnen ein Labsal. Auf einem Stuhl sitzen, nur der Musik lauschen und keine Sonne, die brennt. Über mir ist nur das Kuppelgewölbe des Doms und vor mir die Orgel, die klingt. Über einer wiederkehrenden Melodieschleife der Orgel, gestützt vom tiefen Bass der größten Pfeifen, erklingt vom Violoncello eine aus Leichtigkeit gewobene Weise in den Raum hinein. Das ist einfach nur göttlich und sehr beruhigend! Am morgigen Tag werde ich wieder hier sein, um mich dem musikalischen Genuss im Dom hinzugeben. Dies soll, so die Prognosen, der heißeste Tag des Jahres werden. TON AM DOM hat ganz sicher gutes Wetter verdient. Doch diesmal hat es wohl jemand zu gut gemeint. Nachmittags sehe ich hier deutlich weniger Menschen zwischen den Ständen flanieren und so mancher Marktfrau steht die Bullenhitze in ihr Gesicht geschrieben. Der Rentner in mir stöhnt auch leise und seine Füße streiken. Eigentlich hatte ich vor, den Abend auf dem Domplatz, bei einem Getränk und etwas Popmusik, zu verbringen oder in das benachbarte Derenburg zu einem Konzert mit City zu fahren. Es ist anders gekommen und schuld daran ist kein anderer als Petrus. TON AM DOM wird mich im kommenden Jahr wieder sehen und ich freue mich darauf.    
                                      Ich bin der  RockRentner im Harz
          und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.